Badehäuser

© Stadtarchiv Ulm
Ansicht und Ordnung des "Dalfinger" (Obertalfinger) Bades von 1665
In einer Zeit ohne fließendes Wasser auf den meisten privaten Anwesen und ohne eine ausgebaute Kanalisation war die Körperhygiene in stärkerem Maße eine Frage des ganzen Gemeinwesens. Neben die ebenfalls noch zu diesem Zweck genutzten stehenden und Fließgewässer traten deshalb in den Städten vor allem seit dem späten Mittelalter zunehmend die öffentlichen Bäder. Diese waren multifunktionale Einrichtungen. Neben der Körperhygiene im eigentlichen Sinne inkl. Haar- und Bartpflege wurden in der Badestube auch medizinische Leistungen in Anspruch genommen. Die Bader waren handwerklich ausgebildete und zünftisch organisierte medizinische Dienstleister, deren Aufgaben freilich von denen der Wundärzte bzw. Chirurgen und noch mehr von denen der akademisch ausgebildeten Ärzte, die sich auf die innere Medizin verlegten, klar getrennt waren. Die medizinischen Leistungen der Bader lagen insbesondere im Bereich der Wundversorgung. Auch das über Jahrhunderte beliebte Schröpfen und Aderlassen war eine Domäne der Bader.
Freilich hatten die Badehäuser noch ganz andere Funktionen. Sie waren ein Ort der Geselligkeit. Ein Teil des Badestubenpersonals war demzufolge auch primär für gastronomische Aufgaben eingesetzt.
Eigene Badeordnungen regelten die Aufgaben der Bader, aber auch das Verhalten der Gäste in den Bädern. Dennoch blieb es nicht aus, dass die Badestuben in Verruf gerieten. In der Tat hatten Badestuben auch mancherorts Bordellfunktion und manche spezialisierten sich sogar auf dieses Gewerbe. Bader und insbesondere Bademägde hatten daher ein denkbar geringes Sozialprestige.
Die Badestuben hatten aber auch mit anderen Entwicklungen zu kämpfen. Seuchen wie die Pest und die seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert auftretende Syphilis ließen ihre Beliebtheit deutlich sinken. Für die Ausbreitung der Syphilis scheinen die Badestuben tatsächlich eine Rolle gespielt haben, weniger allerdings wegen sexueller Aktivitäten als durch das Schröpfen und Aderlassen, bei dem hygienische Überlegungen keine nennenswerte Rolle spielten.
Die Badehäuser lagen naturgemäß häufig in der Nähe der Fließgewässer oder zumindest von ergiebigen Brunnen.
In Ulm gab es eine größere Anzahl von Bädern, von denen heute – von Ausnahmen abgesehen – nichts mehr erhalten ist. Ende des 15. Jahrhunderts waren die folgenden öffentlichen Bäder in Betrieb: das Hirschbad (heute: Lautengasse 17), das Griesbad (Griesbadgasse 24-26), Kargenbad (Bockgasse 4), Hafenbad (Hafenbad 9), Wölflinsbad (Glöcklerstr. 2a), Stegbad (Weinhofberg 7), Krambad (Herdbruckerstr. 16). Daneben gab es eine Reihe weiterer Bäder.
Gesundheitsförderliche Badeverfahren waren auch zu späteren Zeiten noch beliebt. Der Gerbermeister Jakob Johann Stanger machte der Tüftlerstadt im späten 19. Jahrhundert alle Ehren durch Erfindung und Betrieb des sogenannten „Elektrischen Lohtanninstanger-Bades“, das die gesundheitsfördernde Wirkung von Gerbstoffen auf die Haut mit der Wirkung von elektrischem Strom im Wasser verband.
Thomas Müller (Schubart-Gymnasium)