Löschwasser und Feuerwehr
Aufgrund der dichten Bebauung konnte ein Feuer sich sehr schnell ausbreiten.
Die Feuerordnung aus dem Jahre 1476 verpflichtete alle Bürger, im Falle eines Feuers zu festgelegten Sammelplätzen zu laufen, damit sie von dort aus zum Löscheinsatz verteilt werden konnten. Doch auch die Zünfte erhielten in der sechs Jahre später erlassenen Ordnung genaue Instruktionen, wo und wieviele ihrer Mitglieder sich zum Feuerlöschdienst einzufinden hatten.
Alarmiert wurden die Ulmer durch das „geschray“ oder „Feurio -Schreyen“, den Feuerruf. So unterbrach Sebastian Fischer zufolge der „Feurio“ - Ruf am 22. Januar 1547 die Predigt Martin Frechts in der Pfarrkirche (Münster). Nachdem sich herausstellte, dass es sich lediglich um einen Kaminbrand handelte, setzte Frecht die Predigt fort. Abgelöst wurde der Feuerruf durch die Münsterfeuerglocke.
Brannte ein Gebäude nieder, wurden Sammlungen unter der Bürgerschaft veranstaltet. In den Quellen findet sich ein Fall vom 8. September 1550: Beim Büchsenstadel brannte in den frühen Morgenstunden ein Haus bis auf die Grundmauern nieder, mit Geldspenden wurden danach die Brandopfer unterstützt.
So stand „Im Pfleghoff Ein neues doppeltes Werck, worauff mann den Schlauch undt das Wendtrohr zuegleich gebrauchen kan“, und eine der insgesamt 26 kleinen und großen Feuerspritzen befand sich, auf einer Tragbahre montiert, am Rathaus. Diese Aufstellungen der vorhandenen Feuerlöschgeräte wurden regelmäßig aktualisiert.
1847 stellte der 1. Turnwart der Turngemeinde 1846, Conrad Dietrich Magirus, aus 32 Turnern eine „Steigerabteilung“ auf und gründete so die Freiwillige Feuerwehr Ulm. Da trotz anfangs steigender Mitgliederzahlen die „Begeisterung zur freiwilligen Dienstleistung“ nachließ, stellte die Stadt 1860 parallel zur freiwilligen eine Pflichtfeuerwehr auf, zu der Männer zwischen 18 und 40 Jahren eingezogen wurden. Die insgesamt 1400 Männer der beiden Wehren (davon 185 Freiwillige) arbeiteten Hand in Hand.
Für diese Pflichtfeuerwehr wurde 1861 ein Compagnie - Reglement veröffentlicht, welches die Statuten dieser Wehr aufzeichnet: Die Wehr bestand aus vier Zügen, der Steiger-, Rettungs-, Spritzen- und Zubringerabteilung. Da die Steiger Mauern einreißen und Menschen abseilen mussten, wurden hier nur kompetente Steiger, Maurer und Zimmerer eingesetzt. Die Rettungsabteilung war, anders als der Name vermuten ließe, nicht für die unmittelbare Rettung von Menschen, sondern von wertvollen Gegenständen zuständig. Sie bewachte zudem die Brandstätten, um Plünderungen zu vermeiden. Den Chirurgen und Trägern der Rettungsabteilung oblag der Abtransport und die Betreuung der Opfer. Während die Spritzenabteilung die großen Wagenspritzen bediente, musste die Zubringerabteilung den geeigneten Standort für den Anschluss finden. Fand sich kein geeigneter „Feuerhahn“ oder Zugang zum Fluss, mussten sie in Kesseln und Butten das Löschwasser heranschaffen. Die Statuten verzeichnen auch die vorhandenen Feuerhähne: An den Brunnenwerken waren 27 Anschlüsse vorhanden, rechts der Blau 21, links der Blau 27, am Stadtgraben 12 und an der Donau 16 Anschlüsse.
Die Telegrafenverbindung aus dem Jahr 1865 wurde 1901 durch eine Feuermeldeanlage abgelöst. Dies machte die Gründung der „Weckerlinie“ nötig. Dieser Zug stand mit einem Mannschaftswagen, einer 18m hohen Drehleiter und einer Motorspritze ständig in Bereitschaft; die Männer der Weckerlinie wohnten allesamt zentral in der Altstadt, um schnell einsatzbereit zu sein. Im Zuge der Stadterweiterung nach Westen kam bald ein zweiter Zug hinzu, um eine zügige Brandbekämpfung im gesamten Stadtgebiet gewährleisten zu können. Doch die Einführung der Weckerlinien hatte sinkende Freiwilligenzahlen zur Folge, und 1910/11 löste man Steiger- und Rettungskompagnie auf und teilte sie in zwei gemischte Reservezüge ein, die ständige Nachtwache wurde aufgehoben, 1913 gab es auch die Rettungskompagnie nur noch in der Form eines Reserve- und Ausbildungszuges.
Die Kriegsjahre 1914 – 18 forderten auch von der Freiwilligen Feuerwehr ihren Tribut, 54 Mann starben „den Heldentod“, die Zahl der Männer für die beiden Weckerlinienzüge sank auf insgesamt 22.
In den folgenden Jahren stiegen die Mitgliederzahlen wieder an, und technische Neuerungen ermöglichten eine immer effizientere Feuerwehr. Söflingen und Wiblingen erhielten eigene Feuerlöschzüge.
Im Jahr 1931 drehte eine amerikanische Filmgesellschaft einen Tonfilm auf dem Münsterplatz, in dem die „neuesten großen Magirusleitern zur Geltung“ kamen. Ein Jahr später schaffte die Stadt Ulm eine Dampfspritze der Firma Magirus an, welche dann im Herbst des selben Jahres bei einer Übung auf der Wilhelmsburg erprobt wurde. Gespeist wurde diese Autospritze dabei aus dem Wasserreservoir der Wilhelmsburg.
Im gleichen Monat fand auch eine Vorstellung der neuesten Magirus - Spritzenfahrzeuge auf dem Münsterplatz statt. 14 Spritzenfahrzeuge (welche anschließend nach Istanbul ausgeliefert wurden), sieben Tankfahrzeuge mit einem Volumen von 1750 l und einer Hochdruck – Kreiselpumpe (1400 l/min Leistung) sowie vier Transportwagen mit „aufgeprotzter“ Kleinmotorspritze waren zu bewundern.
Am Beginn des 2. Weltkrieges wurde die Freiwillige Feuerwehr dann der Polizei unterstellt und für den Luftschutz abgestellt. Zu Kriegsende waren sowohl das Alarmsystem als auch die Wohnungen der in der Altstadt ansässigen Männer der Weckerlinie zerstört. Aufgrund von Personalmangel wurde 1945 die Einrichtung einer 24köpfigen Berufsfeuerwehr nötig. Beide Wehren erhielten anfangs von der amerikanischen Militärregierung die nötige technische Ausrüstung. Bis zum Wiederaufbau der Feuermeldeanlage dienten 25 Straßentelefone im ganzen Stadtgebiet als Feuermelder.