Garnisonsstadt Ulm
Bis ins 19. Jahrhundert existierten in Ulm keine Kasernenbauten im eigentlichen Sinn, Soldaten der Bürgerwehr waren entweder privat einquartiert oder bewohnten sog. Soldatenhäuser auf dem Festungswall. Erst mit dem Einzug des bayerischen bzw. württembergischen Militärs stellte sich die Frage nach Unterkünften für Soldaten. Sie fanden sich zunächst im städtischen Zeughaus bzw. in ehemaligen Klostergebäuden, die man für diese Zwecke belegte. Der Bau der Bundesfestung ab 1842 brachte eine erhebliche Vergrößerung der Garnison mit sich. Die sogenannten Defensivkasernen dienten zum einen als Soldatenunterkunft und zum anderen als wehrhafter Verteidigungsbau im Bereich der inneren Festungsanlage. Die verstärkte Aufrüstung nach der Reichsgründung 1871 führte zu einem weiteren Ausbau der Garnison in Ulm. Nachdem die Festung ihre Funktion Ende des 19. Jahrhunderts verloren hatte, wurde die innere Umwallung ab 1900 fast vollständig niedergelegt. Der technische Fortschritt vor allem im Bereich der Motorisierung und der Artillerie führte im Kaiserreich zu einer verstärkten Differenzierung innerhalb der Armee und einem damit einhergehenden Wandel in der Ausbildung. Zum einen wurden bestehende Kasernen umgebaut oder erweitert (Gaisenbergkaserne), zum anderen baute man neue Kasernen, zunächst noch im Bereich der inneren Festung (Karlskaserne, Schillerkaserne), später auch jenseits davon (Sedankaserne ab 1909 als Ersatz für das aufgegebene Zeughaus). Der Krieg 1914 brachte eine verstärkte Nutzung, ja sogar einen Ausbau der Kasernen (Wiblingen) mit sich. Mit der Abrüstung des deutschen Heeres auf 100 000 Mann nach 1919 wurden viele Kasernen in Ulm nutzlos. Sie wurden teilweise einer zivilen Nutzung zugeführt, bis die Aufrüstung unter Hitler neue Kasernen notwendig machte. Allerdings wurden die zu Soldatenunterkünften umgewidmeten historischen Bauten nun nicht mehr mit Soldaten belegt, sondern man baute ab Mitte der 30er Jahre mehrere neue Kasernen: auf dem Eselsberg, auf dem Kuhberg und auf dem Michelsberg.
Günther Sanwald (Oberstudienrat i.R.)