Entnazifizierung
Der amtierende Stadtkommandant Harlow wies bereits am 28.Mai 1945 in einer Besprechung mit Oberbürgermeister Eychmüller darauf hin, dass in den Verwaltungen von Stadt und Kreis keine ehemaligen Parteigenossen mehr tätig sein dürften. Am 26. September 1945 trat das von der Militärregierung erlassene Gesetz Nr. 8 in Kraft, wonach ehemalige Parteigenossen in Betrieben nur als einfache Arbeiter beschäftigt sein dürften. Geschäftsführer wurden suspendiert.
Oberbürgermeister und Beirat gründeten im November 1945 einen Prüfungsausschuss, der die Entnazifizierung überwachen sollte. Ab Sommer 1946 ging diese Aufgabe an die Spruchkammer für den Stadt- und Landkreis über. Das "Gesetz Nr. 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus" vom 5. März 1946 sah vor, dass jeder über 18 Jahre alte Deutsche einen Meldebogen auszufüllen und bei der Spruchkammer einzureichen habe. Knapp 75 % der bearbeiteten Fragebögen (insgesamt 101300 Meldebögen) wurden als "vom Gesetz nicht betroffen" entschieden. Ca. 17 % der Anträge fielen unter Amnestieverordnungen (u.a. Jugendamnestie), die "vom Gesetz Betroffenen" (weniger als 10 %) wurden nach ihrer politischen Belastung in Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer und Entlastete eingestuft und zu Sühnemaßnahmen herangezogen. Anonyme Anzeigen, falsche Beschuldigungen und leichtfertig abgegebene Entlastungserklärungen (sogenannte Persilscheine) bereiteten den Kammern häufig besondere Probleme.
Matthias Grotz (Stadtarchiv Ulm)