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Ulmer Kasernen als Notunterkunft und Arbeitsstätten

Die zahlreichen Kasernen aus Ulms militärisch geprägter Vergangenheit haben den Bombenkrieg teils unversehrt, teils sehr stark beschädigt überstanden. Nach Ende ihrer militärischen Nutzung 1945 sind sie in die Hand der Amerikaner gelangt, die sie selbst genutzt oder der Stadt Ulm bzw. anderen Stellen überstellt haben. So werden sie als willkommene Wohngelegenheit, aber auch als Ersatzwerkstätten für Ausgebombte und Flüchtlinge genutzt. Daneben dienen sie als Schule, Ersatzkrankenhaus oder Durchgangslager für Heimatvertriebene, Kriegsheimkehrer und Displaced Persons. Belegt werden auch ehemalige Festungsanlagen wie zum Beispiel Fort Albeck, die zuvor nicht militärisch genutzt worden sind. Gerade wegen der Unterbringungsmöglichkeit ist die Zahl von sog. DPs in Ulm sehr hoch, zeitweilig machen sie 8 % der Gesamtbevölkerung aus. Häufig kommt es zu Spannungen zwischen Einheimischen und Fremden.
Als 1950 die Amerikaner ankündigen, alle Kasernen in Anspruch nehmen zu wollen, ist die Stadt gezwungen, innerhalb kürzester Zeit Ersatzwohnraum und Ersatzgelände für Unternehmer bereitzustellen. Als Grundlage für die städtische Planung werden die in den Kasernen untergebrachten Bewohner und Betriebe statistisch erfasst. Diese Statistiken sind Grundlage der vorliegenden Tabelle. Spätere Zahlen von 1957, die nach Abschluss der gesamten Umsiedlungsaktion im Gemeinderat vorgelegt worden sind, differieren z. T. erheblich von diesen Zahlen, was an den ungenauen Erfassungsmöglichkeiten und dem laufenden Wechsel liegen mag; zudem erfasst die Statistik von 1957 wohl nur die vom städtischen Umzugsprojekt Betroffenen, nicht aber solche, die die Stadt verlassen oder auf eigene Faust andere Möglichkeiten gefunden haben.
Deutlich wird aber, dass diese Aktion der Kasernenauslagerung die Stadt Ulm zu einem zukunftsorientierten Industrieansiedlungs- und Wohnungsprogramm gezwungen hat. Ohne diesen unmittelbaren Zwang wären die Wohngebiete am Eselsberg und am oberen Kuhberg ebenso wie das Industriegebiet Donautal nicht so schnell entstanden.

Günther Sanwald (Oberstudienrat i.R.)