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Politisch und rassistisch motivierter Terror

Zur Ausschaltung der politischen und weltanschaulichen Gegner, überwiegend Sozialdemokraten und Kommunisten, wurde unter der beschönigenden Bezeichnung "Schutzhaftlager" am 18. März 1933 das erste württembergische Konzentrationslager Heuberg bei Stetten am kalten Markt eingerichtet. Als die Gebäude des KZ Heuberg, eine Kaserne des 1. Weltkriegs, für den Aufbau der Wehrmacht benötigt wurden, wurde das Lager zum Ende des Jahres 1933 geschlossen. Als Landes-KZ wurde ab November 1933 das "Württembergische Schutzhaftlager Oberer Kuhberg, Ulm/Donau" im Fort Oberer Kuhberg, einem um 1850 gebauten Festungswerk der Bundesfestung Ulm, eingerichtet. Zwischen November 1933 bis zur Auflösung im Juli 1935 waren ungefähr 600 bis 800 Männer im Alter zwischen 17 und 71 Jahren dort untergebracht, und zwar nicht im zentralen, der KZ-Verwaltung vorbehaltenen Reduit-Gebäude, sondern in den unterirdischen Kasematten-Laufgängen für Wachsoldaten. Diese waren - auch bei der Nutzung als Kriegsgefangenenlager - bisher nicht zur Unterbringung von Menschen verwendet worden.
Unmittelbar nach der Machtergreifung begannen die Nationalsozialisten mit der Ausgrenzung der Juden und der Aberkennung ihrer bürgerlichen Rechte. Bereits im März 1933 fanden die ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte statt. Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 bestimmte, dass Beamte nicht "arischer" Abstammung in den Ruhestand zu versetzen seien. Das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ von 1935 verbot die Ehe und den geschlechtlichen Verkehr zwischen „Ariern“ und Juden, das Reichsbürgergesetz aus demselben Jahr nahm den Juden die bürgerlichen und politischen Rechte. Daneben fanden hier in Ulm auf örtlicher Ebene zahlreiche weitere Diskriminierungen wie das Stadtbadverbot für Juden oder die Entfernung jüdischer Kinder aus den Volksschulen statt.
Die Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938, in der SA- und SS-Angehörige im ganzen Reich Synagogen und jüdisches Privateigentum zerstörten und Juden misshandelten, markierte den Übergang von der bisherigen rechtlichen und gesellschaftlichen Ausgrenzung zur systematischen gewaltsamen Verfolgung. Als Anlass wurde der Mordanschlag des Juden Herschel Grynszpan auf den deutschen Botschaftssekretär Ernst Eduard vom Rath in Paris von den Nationalsozialisten propagandistisch ausgenutzt. Die Ausschreitungen sollten nach dem Willen des Regimes als Ausbruch des Volkszorns aussehen. Ein in Ulm zuvor erlassenes Ausgehverbot für Juden stellte zudem sicher, dass die Juden in ihren Wohnungen blieben und den Trupps, die sie zu Hause aufsuchten, in die Hände fielen. Obwohl die Ulmer Synagoge in der Pogromnacht nur leicht beschädigt worden war, ließ die Stadtverwaltung die Synagoge Ende 1938 abbrechen. Die Abbruchkosten mussten von der jüdischen Gemeinde, die am 30. August 1939 formell aufgehoben wurde, übernommen werden. Zusätzlich mussten die deutschen Juden als „Sühneleistung“ für das Attentat von Paris eine Milliarde Reichsmark aufbringen; die Versicherungssummen für die Zerstörungen an der Synagoge und jüdischem Privateigentum gingen an das Reich. Mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12.11.1938 wurde die Liquidation bzw. Arisierung jüdischer Geschäfte und Gewerbebetriebe verstärkt vorangetrieben. Nach den Ereignissen von November 1938 setzte eine Auswanderungswelle ein. Die noch verbliebenen Juden wurden ab Frühjahr 1939 in „Judenhäusern“ zusammengefasst.
Ab dem 1. September 1941 mussten die Juden den Judenstern tragen. Außerdem wurde es ihnen verboten, ohne schriftliche Erlaubnis der Ortspolizeibehörde ihre Wohngemeinde zu verlassen.
Nachdem Ende Oktober 1941 die Auswanderung untersagt wurde, setzten bald darauf die ersten Deportationen aus Württemberg ein. Unter dem Vorwand einer Ansiedlung im Osten wurden sie zunächst in das Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart gebracht und von dort in die Vernichtungslager deportiert.

Matthias Grotz (Stadtarchiv Ulm)