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Symbole der Herrschaft in der Reichsstadtzeit

Schwörhaus mit Schwörakt um 1650

© Stadtarchiv Ulm

Schwörhaus mit Schwörakt um 1650

Mit Hilfe von augenscheinlichen Symbolen wird im Mittelalter und der frühen Neuzeit, wo Macht im Allgemeinen personengebunden erlebt wird, durchaus Herrschaft ausgeübt. Sowohl Ortsfremden wie Ortsansässigen werden auf diese Weise auch in Ulm Machtverhältnisse, denen sie verpflichtet sind, vor Augen gestellt. Unterordnung wird mit Hilfe von Zeichen auch in Abwesenheit des Herrschenden eingefordert. Weil diese Zeichen meist in Stein gehauen sind, erheben sie den Anspruch, auf unabsehbare Zeit gültig zu sein. Dabei muss man zwei Ebenen unterscheiden: zum Einen die Ebene des Stadtherrn – im Falle der Reichsstadt Ulm des Kaisers -, und zum Anderen die Ebene des Stadtregiments – sprich des Rates der Stadt.
Die Figuren des Kaisers und der Kurfürsten vor dem Ratssaal am Rathaus machen öffentlich deutlich, woher die Macht des Rates sich herleitet.
Beispiele für Herrschaftszeichen des Stadtregiments sind Markierungen in Form von Wappen auf Grenzsteinen an den Territoriumsgrenzen, an repräsentativen Gebäuden (Brunnen, Rathaus, Münster) oder an den Toren der Stadt. Wappen trennen in einer zumeist kriegerischen Zeit deutlich Freund und Feind. Wappen auf Verplombungen wie zum Beispiel Barchentballen stellen eine besiegelte Garantieerklärung des Ulmer Rates dar, der für die Qualität der Ware überall in Europa einsteht. Gesiegelte Wappen als Anhang von Urkunden bezeugen die Glaubwürdigkeit des Inhalts.
Hoch aufragende Mauern und Tore schrecken nicht nur potentielle Feinde ab, sondern begrenzen sichtbar für alle unterschiedliche Rechtsbereiche. Als Zeichen, dass der Rat der Stadt über die hohe und niedere Gerichtsbarkeit gebietet, installiert er Richtstätten auf dem Marktplatz (Pranger, Galgen) oder an viel begangenen Straßen. Das Schwörhaus an der Stelle der alten Kaiserpfalz erinnert an die neue städtische Verfassung.
Alles in Allem zeigt der Rat mit solchen Herrschaftszeichen Präsenz, wo keine persönliche Dauerpräsenz möglich ist, er definiert damit das von ihm beanspruchte Territorium und er ruft damit Verhaltensregeln ins Gedächtnis, die er als selbstverständlich einfordert.

Dr. Gudrun Litz (Stadtarchiv Ulm)