Verwaltung und Verwaltungsbestimmungen
Der Rat der Reichsstadt, dessen Zusammensetzung aus Patriziern und Zunftangehörigen der jeweils gültige Schwörbrief festlegte (vgl. Der Große Schwörbrief von 1397und Die Verfassungsänderung von 1558), übte in Ulm und dem dazugehörigen Territorium die legislative, judikative und exekutive Gewalt aus. Damit besaß er die Befugnis, Gesetze zu erlassen, Recht zu sprechen und Verwaltungaufgaben zu organisieren. Um die vielfältigen Aufgaben in der Stadt und dem Territorium wahrzunehmen, bildeten sich verschiedene Ämter, an deren Spitze ein oder mehreren Ratsherren (z. B. Herrschaftspfleger, Kriegsherr, Stadtrechner) standen.
Die Vorschriften und Verordnungen, die der Rat erließ, reglementierten sehr viel stärker als heutige Verwaltungsvorschriften das private Leben jedes Einzelnen: angefangen von der Nachtruhe, über die Bauordnung und Lebensmittelkontrolle, bis hin zur Ausrichtung von Hochzeiten, überall griff der Rat in Form von Vorschriften ein. Denn der Rat verstand sich als legitime, von Gott eingesetzte Obrigkeit, die für ein friedliches und reibungsloses Zusammenleben in der Stadtgesellschaft Verantwortung zu tragen hatte. Die zur Kontrolle eingesetzten Personen und Gremien waren dem Rat gegenüber voll verantwortlich. Die Strafen bei Verstößen waren teilweise für unsere Begriffe unverhältnismäßig hoch.
Dr. Gebhard Weig (Stadtarchiv Ulm, i.R.)