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Dampfschifffahrt

Motorschiff „Bayern“ an der Anlegestelle am “Schwal“ im Juli 1913

© Stadtarchiv Ulm

Motorschiff „Bayern“ an der Anlegestelle am “Schwal“ im Juli 1913

Robert Fulton, der im Jahre 1807 erstmal ein Dampfschiff auf dem Hudson eingesetzt hatte, schlug bereits 1813 die Einrichtung eines regelmäßigen Dampfschiffsverkehrs von Wien nach Ulm vor. Im Jahr vorher hatte in Wien der erste Dampfer die Donau befahren, bald gab es von dort aus eine Schiffsverbindung nach Budapest, ab 1837 eine nach Linz. Am 9. September 1835 gründeten Ulmer Fabrikanten und Kaufleute eine Dampfschifffahrts-Gesellschaft, die sich ein Jahr später mit der entsprechenden Regensburger Gesellschaft zur  „Baierisch-Württembergischen privilegierten Donau-Dampfschiffahrt“ mit Sitz in Regensburg zusammenschloss.
Als erstes Dampfschiff sollte im August 1839 die „Ludwig I“ stromaufwärts Ulm ansteuern. Die Fahrt dauerte allerdings über eine Woche, da das Schiff gegen die starke Strömung nicht ankam, zeitweise von Pferden gezogen werden musste, bei Elchingen ganz stecken blieb und von Arbeitern der beteiligten Firmen Wieland und Kölle mithilfe von Zugochsen erst flottgemacht werden musste. Auch die Rückfahrt verzögerte sich um ein halbes Jahr wegen des zu niedrigen Wasserstands. Die Regensburger Aktionäre gaben demzufolge den Plan wieder auf.
Daraufhin gründeten die Ulmer am 2. Februar 1840 die „Ulmer Actien-Gesellschaft für die Dampf- und Ruder-Schiffahrt auf der Donau“  mit einem Grundkapital von 60.000 Gulden, zu denen die Stadt Ulm 10.000 und der württembergische Staat 15.000 beisteuerten. 1842 wurde das Kapital sogar aufgestockt auf 300.000 Gulden. Etwa zur gleichen Zeit bekam eine französische Firma auf dem Ulmer Schiffsplatz, dem sogenannten „Elend“ (unterhalb des ehemaligen Spitals), die Genehmigung zum Zusammenbau eines Schiffes für eine österreichische Reederei, dessen Einzelteile über Rhein, Neckar und auf dem Landweg nach Ulm geschafft worden waren. Die Fahrt der „Donau“ donauabwärts verlief im November 1843 so erfolgreich, dass die Ulmer im Jahr darauf bei einer englischen Firma den Bau eines eigenen „Remorquers“ (Schleppdampfers) und zweier Schleppkähne in Auftrag gaben.
Es dauerte allerdings 17 Monate, ehe alle Einzelteile aus England herangeschafft waren. Am 28. Juli 1846 wurde dieses Schiff endlich vom Stapel gelassen und unter großer Anteilnahme der Ulmer Bevölkerung auf den Namen „Stadt Ulm“ getauft. Allerdings war die Geschichte dieses Dampfers von einem Missgeschick nach dem anderen begleitet. Beim Stapellauf riss ein Seil, kurz darauf versank bei der Montage der 100 Zentner schwere Dampfkessel in der Donau, bei der zweiten Fahrt nach Thalfingen kollidierte das Schiff mit einem Baumstamm. Bald erwies es sich, dass der Dampfer eine Fehlkonstruktion war: mit seinen 53 cm Tiefgang lag er zu tief im Wasser. Vermutlich hatten die Ulmer sich aus Kostengründen gegen das französische Patent mit geringerem Tiefgang entschieden. (Die vergleichbaren Neckar-Schiffe waren nur 38 m lang und hatten nur 34 cm Tiefgang.) Außerdem war das Schiff mit seinen 45 m zu lang, die 50 PS starke Maschine war zu schwach für die mit je 500 Zentnern beladenen Schleppkähne, der Kamin passte nicht unter den Brücken hindurch und musste abgesägt werden. Je Fahrstunde verbrauchte das Schiff 4 Zentner Kohle.  Immerhin konnte das Schiff in den folgenden zwei Jahren donauaufwärts von Passau nach Donauwörth 20.000 Zentner Getreide befördern, fuhr aber meistens leer wieder flussabwärts.  In Linz weigerten sich österreichische Hafenarbeiter, das Schiff zu beladen, was wegen der auf dem Wiener Kongress 1815 beschlossenen freien Schiffahrt auf den Binnengewässern sogar zu internationalen Verwicklungen führte.
Nachdem das Schiff zwei Jahre lang untätig in Neuburg a. d. Donau gelegen hatte, wurde es im Februar 1852 schließlich mit großem Verlust für die Ulmer Aktionäre, etwas geringerem für die Stadt, für 32.000 Gulden an die Kgl. Bayer. Dampfschifffahrt nach Regensburg verkauft und als  „Merkur“ für Fahrten zwischen Regensburg und Donauwörth eingesetzt. Als das Unternehmen 1862 an die österreichische Donau-Dampf-Schiffahrts-Gesellschaft verkauft wurde, wurde das Schiff zunächst in „Stauf“ umbenannt und fuhr schließlich als „Lokalboot VII“ noch bis in die 1890er Jahre im Wiener Raum.
Am Landungsplatz „Elend“ wurden von einer Esslinger Maschinenfabrik bis 1860 etwa 50 Schleppkähne für eine Ladekapazität von je 250 to gebaut.
Einen erneuten Versuch unternahm ab den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts die Ulm/Neu-Ulmer Sektion des bayerischen Kanalvereins, an dem Persönlichkeiten wie Max Eyth und Magirus beteiligt waren und die auch vom Neu-Ulmer Bürgermeister Kollmann unterstützt wurde. Die Erfindung des Dieselmotors statt der Dampfmaschinen schien diese Idee zu begünstigen. Am Ufer des 1908 nach Neu-Ulm eingemeindeten Offenhausen sollte dafür ein Hafenbecken entstehen. (vgl. Kapitel Hafen und Kanäle). Zwar kam es im Juli 1913 zu einer gelungenen Probefahrt des Motorschiffs „Bayern“ der „Donau-Main-Schiffahrtsgesellschaft“. Nach fünftägiger Fahrt ab Regensburg unterfuhr das Schiff (31,5 m lang, 4,4 m breit, 40 PS, 30 to Ladung) mit einer Ladung von 2 Waggons Granitpflastersteinen für das Ulmer Tiefbauamt und 1 Waggon Zucker am 19. Juli 1913 nachmittags um 15:30 Uhr unter großem Jubel der Bevölkerung die Mittelöffnung der Neuen Donaubrücke. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs stoppte allerdings die weiteren Pläne.
Und auch die noch ehrgeizigeren Pläne aus den 20er/30er Jahren verschwanden rasch wieder in der Schublade. Sie hatten den Ausbau eines großzügigen Kanalsystems vorgesehen: einerseits von Ulm zum Bodensee und andererseits zum Neckar, wobei die Schwäbische Alb durch kilometerlange Tunnels und/oder durch mehrere gigantische Schiffshebewerke überwunden werden sollte. (vgl. Kapitel Hafen und Kanäle in Ulm/Neu-Ulm).  

Burckhard Pichon (Oberstudienrat i.R.)