Bäder am Fluss

© Stadtarchiv Ulm
Badehäuser an der Donau um 1894
Für das 14. und 15. Jahrhundert lassen sich eine
"Donaubad-Stube vor dem Herdbrucker-Tor", ein "Donauerbad"
sowie eine weitere "besondere Badeeinrichtung auf der Insel"
nachweisen. Ob es sich dabei um auf der Donau gelegene Badhäuschen oder
lediglich um Bäder in Ufernähe handelte, entzieht sich unserer Kenntnis. Die
Vermutung liegt nahe, dass aus der Donau geschöpftes Wasser zur Körperhygiene
und zum Wäschewaschen genutzt wurde und dementsprechend an den Ufern
Waschplätze eingerichtet wurden. Ein gewisses natürliches Schamempfinden
erforderte separate Räume für die Badenden. Das Baden im Fluss selbst war zudem
eine nicht ungefährliche Sache. Ungeübte Schwimmer, und davon gab es zu jenen
Zeiten noch weitaus mehr als heute, liefen ständig Gefahr, von der Strömung des
Flusses mitgerissen zu werden.
Nach der Vorverlegung der Stadtmauer direkt an die Donau im
Jahr 1480 war der Zugang zum Wasser nahezu versperrt und kurz darauf begann man
schließlich mit der Einleitung der städtischen Abwasser in den Fluss. Badeverbote
sind unter Hinweis auf die Gefährlichkeit und die Anzüglichkeit des wilden
Badens seit der Mitte des 17. Jahrhunderts belegt.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts nahm das "kaltbaden in dem Donau- Blau und
Illerfluß nach dem Beyspiel unserer Voraeltern" wieder deutlich zu. Dieser
Umstand war nicht zuletzt der bereits 1628 erfolgten revolutionären Entdeckung
des Blutkreislaufes durch den Engländer William Harvey (1578-1657) geschuldet.
Basierend auf den Studien dieses Wegbereiters der modernen europäischen Physiologie
entwickelten Ärzte in ganz Europa das bereits aus dem Altertum bekannte Konzept
der Hydrotherapie weiter. Nachdem seit 1750 eine nicht unbeträchtliche Menge
von Schriften über die Brunnenlehre und über einzelne Mineralwasser(quellen)
erschienen war, konnte etwa Goethe – in seiner Jugend selbst ein begeisterter
Anhänger des wilden Nacktbadens – vom Jahr 1768 folgendes behaupten:
"Ferner war damals die Epoche des Kaltbadens eingetreten, welches
unbedingt empfohlen ward. Man sollte auf hartem Lager schlafen, nur leicht
zugedeckt, wodurch alle gewohnte Ausdünstung unterdrückt wurde. Diese und
andere Thorheiten, in Gefolg von mißverstandenen Anregungen Rousseaus's, würden
uns, wie man versprach, der Natur näher führen und uns aus dem Verderbniss der Sitten
retten." Kalte und heiße Bäder kamen also nicht mehr vornehmlich aus dem
Wunsch nach mehr oder weniger geselligem Vergnügen und im Rahmen
althergebrachter diätetischer Vorstellungen zur Anwendung.
Neuhumanistisch-aufklärerische Motive zielten, im Verbund mit aus den neuen
Entdeckungen in den Bereichen der Chemie und der Physiologie gewonnenen
vermeintlichen Erkenntnissen, auf eine präventive "Stärkung" und
"Abhärtung" des Körpers. Dabei ging man ganz allgemein von einer
besonders hohen "Subtilität" des Wassers aus, weshalb es sich etwa
nach J. S. Hahn jun. (1696-1773) "desto füglicher in die mit viel
leichtern Luft erfüllten Zwischen-Räumgen der Körper hineinschleichen"
könne. In vielen Städten Deutschlands und Europas legten Leib- und Stadtärzte
Badeschiffe an, auf welchen nun, ganz im Sinne der Aufklärung, zur Gesundheit
erzogen wurde. Gesundheit war jetzt der Maßstab des Glücks.
Das Jahr 1789 bezeichnet nicht nur eine historische Zäsur
ersten Ranges, auch für die Geschichte der Donaubäder der Stadt Ulm war dieses
Jahr von einiger Bedeutung. Am 14. Juli 1789 begutachteten die Stadtrechner ein
"in der Donau errichtetes Badhaus", welches auf Betreiben Dr. Erhard
Anton Roths "ohnweit dem Ziegelstadel" installiert wurde. Roth
studierte in Tübingen und Wien Medizin und erhielt Ende der 1780er Jahre in
seiner Heimatstadt Ulm das Stadtphysikat.
Dass "jezo die Liebhaberey des Badens wieder in ihrer vollen Kraft
aufzuwachen scheine, zum Theil angefacht durch die neueren warmen Empfehlungen
der Aerzte und Pädagogen", konstatierte 1798 sein Tübinger Doktorvater
Gottfried Wilhelm Ploucquet in dessen Schrift "Das Wasserbett". Ganz
umsonst war die Benutzung der Badhäuser allerdings nicht. Zwar ließ Roth,
nebenbei einer der Mitbegründer der Ulmer Lesegesellschaft, an vielen Stellen
seine philanthropischen Beweggründe durchblicken, jedoch:"Die Person
bezahlt fuer jedes Bad 12 kr., und dem zu der Bedienung angestellten Badknecht
ein angemessenes Trinkgeld. Nicht Gewinn, sondern nur Beyfall menschenliebender
Personen sollen die Belohnung des Unternehmers seyn." Leider liegen uns
keine Subskribentenlisten oder Ähnliches vor, wir dürfen aber annehmen, dass es
vorzüglich Mitglieder des Besitz- und Bildungsbürgertums waren, welche in der
Anfangszeit die neue Möglichkeit zu einem sicheren und relativ bequemen Bad
nutzten.
Bereits im Jahr 1781 erschien in Wien ein Buch mit dem Titel "Vom Gebrauch
der kalten Bäder". Der Autor, Pascal Joseph de Ferro, beschrieb darin ein
von ihm im selben Jahr in der Donaustadt errichtetes Badhaus wie folgt:
"Die ganze Grundlage des Gebäudes ist ein Floß, der aus dicken,
rundgelassenen Bäumen zusammengesetzt, und oben mit aufgelegten Brettern gleich
gezimmert ist; dieser Floß steht dem Strom des Flußes gegenüber, doch so, daß
die meisten Bäume gerade mit dem Strom zu liegen kommen. Entweder mit starken
Ketten, ist er am Ufer des Flusses festgehalten, oder man schlägt starke Pfäler
an jeder Ecke des Flosses in den Grund des Flußes, wo dann der Floß mit einem
Ring an den Pfalen angemacht, nie weichen, und doch mit dem Wasser auf und
niedergehen kann, je nachdem das Wasser steigt, oder fällt.
Auf dem Floß stehen die Badzimmer [...] Die Zimmer haben ihre Thüren auf den
Gang hin, in jedem derselben ist an der einen Seite des Bodens eine Oefnung in
Form eines länglichen Vierecks, durch welche man mittels einer Stiege in einen
geräumigen am Boden des Zimmers festgemachten Kasten ins fliessende Wasser
hinabgeht [...] Unten hat jeder Kasten einen festen Boden, der aber doch
durchlöchert seyn muß. Die Seitenwände derselben bestehen aus nicht zu dicken
in Form eines Gitters von einander abstehen [sic] Balken, durch welche das
Wasser beständig aus und einrinnen kann. [...] Diese
Oefnungen der Badkästen können, damit nicht das Wasser des einen Bades auf
dasjenige des gegenüberstehenden Zimmers fließe, schiefwärts gegenüber stehend
angebracht werden.
Der ganze Oberbau muß so leicht gemacht werden, als immer möglich ist; die
Wände einfach, und das Dach von starker angespannten Leinwand gemacht werden
[...]"
Wir dürfen annehmen, dass das Ulmer Exemplar diesem Typus weitestgehend
entsprach.
Von diesem Zeitpunkt an lässt sich die Geschichte der
Donaubäder sehr gut rekonstruieren. Nahezu jährlich erschienen fortan die
Werbeannoncen der wechselnden Besitzer der Badhäuschen oder "Polizeyliche
Bekanntmachungen", welche sich darum bemühten, das reger werdende Treiben
auf der Donau nicht ausufern zu lassen. Nach 1800 wurden peu à peu fast überall
auf dem linken Ufer kleine und kleinste Badeanstalten,
mitunter in Form regelrechter Lattenverschläge, errichtet, was
unweigerlich zu allerhand Konflikten führte. Mal sah ein Fischer seinen
"besten Fischplaze" in Gefahr, mal kam es zu Streitereien wegen der
Anlandungsplätze der Schiffleute. Zum Teil waren die Badhäuschen mit Namen wie
Jesus, Moses oder Elias versehen.
Sehr früh zeichnete sich außerdem ab, wer in diesem neuen Erwerbszweig
vorrangig tätig sein sollte. Es waren nahezu ausschließlich Mitglieder von
Familien, die der Schifferzunft bzw. dem Schifferverein angehörten. Gebadet wurde
weiterhin auch wild, so zum Beispiel auf Höhe der neuen Friedrichsau.
Der beliebteste Badeplatz der Ulmer aber war zu dieser Zeit an der sogenannten
"ersten Schlacht" auf dem rechten Donauufer gelegen (heute: Oberes
Jahnufer, gegenüber der Wilhelmshöhe). Den bayerischen Behörden war dieser
Umstand lange Jahre ein Anlass für immer gleich lautende Badeverbote. Eine
"Gehorsame Vorstellung und Bitte mehrerer Ulmischen Bürger an den
Kurbaierischen provisorischen Magistrat der Stadt Ulm" machte jedoch schon
1803 auf die idealen Bedingungen aufmerksam, welche dort vorherrschten, um der
"allgemeinen Volks-Belustigung" nachzukommen. Besonderes Augenmerk
legten sie auf die Geschicklichkeit der Ulmer in Sachen Schwimmkunst, sollen
sie doch angeblich "sogar im Ausland in besonderem Rufe als
Schwimmverständige" gestanden haben. Die Verbote ließen sich letztlich
nicht durchsetzen.
Für alle Schiffleute indes stellte die "Pflicht und Nothwendigkeit, sich
im Schwimmen zu üben" eine Neuheit dar. Schwimmlehrer gingen ihrer Arbeit
nach, Badaufseher wurden an- und Rettungsschiffe aufgestellt.
Im Juni 1850 sah sich die Stadt dazu gezwungen, eine
Donaubadanstalt gegenüber der Ziegellände "zur freien Benützung des
Publikums" ins Leben zu rufen. Im selben Jahr errichtete der Schiffer
Matthäus Held "ein Badhäuschen für kalte und warme Bäder am Ufer der
Donau, gegen die Stadtmauer hin, in der Nähe der Wilhelmshöhe". Derselbe
Matthäus Held verfolgte in den kommenden Jahren weitere ähnliche
Unternehmungen.
Jede Saison brachte ihre Eigenheiten mit sich. Von sogenannten
"Douchebädern in der Donau" etwa war 1861 die Rede. Die Anstalten
wurden je nach Witterung im Frühsommer errichtet und im Herbst wieder abgebrochen und zerlegt.
Mitte des 19. Jahrhunderts kam mit
der Festungsverwaltung eine weitere Instanz hinzu, die hinsichtlich der Nutzung
der Uferbereiche ein gehöriges Wörtchen mit zu reden gedachte. Der Bau der
Bundesfestung bewirkte zudem eine gesteigerte Sand- und Kiesentnahme aus der
Donau. Auch galt es, für die zahlreiche Garnison geeignete Badeplätze zu
finden. Für die Pioniere musste die Stadt einen Wasserübungsplatz zur Verfügung
stellen. Es herrschte vor allem in den Sommermonaten wahrlich Hochbetrieb auf
dem Fluss. Der Bau der Eisenbahnbrücke drängte die Badenden auf dem rechten Donauufer
weiter flussaufwärts.
1881 wurde eine "Donau-Bade- & Schwimmanstalt Ulm Aktiengesellschaft
zur Errichtung eines Badebasins" unterhalb der Wilhelmshöhe gegründet. Aus
diesem Unternehmen sollte später das sogenannte "Aquarium" (späterhin
Heilbronnersche Donaubadeanstalt) hervorgehen. Dieses war mit einer Länge bis
zu 73 Metern das bis heute weitaus größte Badefloß auf der Donau in Ulm. Bis zu
drei Schwimmtröge, von welchen einer knapp 30 Meter in der Länge maß, waren in
die Konstruktion eingelassen. Vor allem ältere Menschen und sonstige
Liebhaber des gediegenen Badespaßes nutzten dieses neuartige Angebot.
Immer wieder wurde seitens der verschiedenen Behörden
versucht, in das Badewesen maßregelnd einzugreifen. Frauen sollten von Männern,
Kinder von Erwachsenen, Zivilisten von Militärs und Spaziergänger von Badenden
getrennt werden. Besonders das "Nabaden" (gemeint war "das hier
leider so sehr beliebte Hinunterschwimmen" und nicht der mittlerweile aus
dem städtischen Festkalender nicht mehr weg zu denkende alljährliche
karnevaleske Wasserumzug auf der Donau) war bei einigen Bürgern verpönt.
Aufsehen erregten vor allem Kinder und Jugendliche, welche zum Teil
"nackt, allerdings mit Badhosen versehen" und zudem außerhalb der
mittlerweile abgesteckten Badeplätze ins Wasser gestiegen waren.
Manchmal, wie etwa zum Münsterfest 1890, mussten die Badeanstalten auch
besonderer Ereignisse wegen kurzfristig abgebaut werden. So wurde die Heldsche
Warmbadeanstalt unter der Wilhelmshöhe im Mai des Jahres "bezüglich des
Andrangs des Publikums zum Fischerstechen" wieder entfernt und seither
nicht mehr aufgestellt. Der Konkurrenz war die seit 1857 existierende
Warmbadeanstalt sowieso schon "jahrelang ein Hinderniß".
Die Militärbadeplätze bei der unteren Donaubastion brachten
offenbar neue Probleme mit sich. So hegte die
Garnisonverwaltung um 1900 verstärkt "Bedenken in sanitärer
Beziehung". In der Tat war die Donau im Stadtgebiet nunmehr an den
wenigsten Stellen zum Baden geeignet, dennoch machten sich Mitglieder des Gemeinderats,
darunter auch der Leiter des städtischen chemischen Untersuchungsamtes, Dr.
Carl Wacker, in einer Sitzung über die als hysterisch empfundene
allgegenwärtige "Bakterienfurcht" lustig.
Nach dem Württembergischen Wassergesetz vom Ersten Dezember 1910 war "der
Gebrauch der öffentlichen Gewässer zum Baden
jedermann d.h. auch dem weiblichen Geschlecht gestattet", dennoch war das
Baden in der Donau laut eines Gemeinderat-Protokolls vom Ersten Juni 1911
selbst relativ weit flussabwärts, nämlich bei der Friedrichsau, "aus
sanitären Gründen verboten und könne solange nicht gestattet werden, als
Spülaborte in die Donau münden". Offenbar hatte man sich in der
Zwischenzeit eines Besseren besonnen.
Noch 1924 riet das Medizinische Landesuntersuchungsamt "von der Einrichtung
eines Badeplatzes unterhalb der Stadt" ausdrücklich ab. Selbstverständlich
waren die Badeplätze oberhalb der Stadt nicht davon betroffen.
Während des Ersten Weltkrieges
stieß die Aufstellung der Heilbronnerschen Donaubadeanstalt (= früheres Aquarium,
s.o.) auf einiges öffentliches Interesse. "Da die Besitzer jedoch im Felde
stehen" erwog man seitens der Stadt sogar "Gesuche um militärische
Beurlaubung der erforderlichen Arbeitskräfte zum Aufschlagen der
Badeanstalt". Nach dem Krieg erwarb dann die Stadt mit der Zeit alle
Badeflöße.
1918 wurde das städtische Freischwimmbad am bayerischen Ufer auf Höhe der
heutigen Arthur-Benz-Straße eröffnet. Dessen
Betreiber war ebenfalls ein Mitglied der wohlbekannten Schifferfamilie Held.
Daher rührte die auch heute noch einigen älteren Ulmerinnen und Ulmern
geläufige Bezeichnung "Heldsches Bad" oder einfach nur
"Held". Anfang der 1920er Jahre scheint vor allem das wilde Baden
oder Nabaden wieder in Mode gewesen zu sein. "Alt und Jung, Männlein und
Weiblein, Vater, Mutter und Kinder bis herab zu den ganz kleinen Nacktfröschen,
tummelten sich vergnügt in dem klaren Wasser. Reizende Familienszenen konnte
man besonders von der Adlerbastei beobachten." Schon im Sommer 1920 wurde
eine große Überfüllung der Badegelegenheiten festgestellt. Ursächlich hierfür
war der große Zuspruch seitens des weiblichen Geschlechts. Die Ulmer
Schwimmerinnen und Badenixen wollten sich – ganz im Zeichen der weiblichen
Emanzipation – endlich so „frei wie die Männer in der Donau tummeln“ und nicht
mehr in den relativ sperrigen Badekabinen verstecken. Besonders überwältigend
war der Ansturm auf die Donaubäder in der Saison 1921. Die Stadt entschloss
sich daher für eine Vergrößerung und Verbesserung der Badeplätze und
-anstalten. Im Sommer 1923 war das "Freibaden innerhalb der Stadt"
wieder einmal Thema einer erregten schriftlichen Auseinandersetzung. In der
Rubrik "Sprechsaal" des Ulmer Tagblatts lieferten sich die
Fürsprecher und Gegner des sommerlichen Badespaßes ein mitunter scharfes
Wortduell. Vermehrte Kontrollen trieben die Badelustigen wieder an die ihnen
zugedachten, sittlich und polizeilich unbedenklichen Plätze.
Neben dem städtischen Flussbad
bzw. Heldschen Bad existierte zu dieser Zeit noch immer eine Kabinenbadeanstalt
an der Ziegellände und bei der Wilhelmshöhe, welche beide aber offenbar immer
weniger frequentiert wurden. Im Juni 1930 berichtete die lokale Presse:
"Täglich besuchen Hunderte und Tausende das Stadtbad und die Bäder an der
Donau und Blau, aber nur wenige kennen und benützen die Kabinenbäder in
der Donau".
In den 30er Jahren wurde der Plan zur Errichtung eines
Ostbades diskutiert, "das die unterhalb der Illermündung auf dem rechten
Donauufer liegende städtische Donaubadeanstalt (Heldsches Bad) entlasten und
der im Osten der Stadt wohnenden Bevölkerung dienen soll". Das Schlagwort
von der Volksgesundheit machte die Runde. 1932
untersagte der sogenannte "Zwickelerlaß" einmal wieder das Nacktbaden
in der Öffentlichkeit und forderte ein Mindestmaß an Badebekleidung für Frauen und
Männer.
1937 wurde wiederholt ein Rückgang der Besucherzahlen des städtischen
Flussbades (Heldsches Bad) konstatiert. Dieser war nach Meinung der
Stadtverwaltung einerseits auf das schlechte Wetter, andererseits auf die
(Wieder-) Einführung der Wehrpflicht und des Arbeitsdienstes im Jahr
1935, den guten Beschäftigungmöglichkeiten und dem damit einhergehenden
Rückgang der Arbeitslosigkeit zurückzuführen.
Bereits in der Ausgabe vom 13. Juli 1934 konnte man im Ulmer Tagblatt in der
Rubrik "Sprechsaal" lesen, dass es "für das deutsche Volk in
seiner Mehrheit nicht mehr angenehm sei, sich mit einem Juden in einer Kabine
auszukleiden". Knapp zwei Wochen später brachte eine selbsternannte
"Arische Badeverwaltung" in einer nächtlichen Aktion mehrere
antisemitische Parolen rund um das Donauschwimmbad an. Eine Verfügung, in den
Bädern Tafeln mit der Aufschrift "Juden haben keinen Zutritt" von
offizieller Seite anbringen zu lassen, wurde nicht getroffen. Im Mai 1936 wurde
dem "Mischling ersten Grades" Arthur Bach der Erwerb einer Dauerkarte
verwehrt, obwohl ihm obligatorisch die vorläufige Reichsbürgerschaft
zugestanden wurde und er dem katholischen Glauben angehörte. Die Kreisleitung
der NSDAP verwies im Juli 1938 auf dessen angeblich "stark jüdisches Benehmen" und noch im selben Jahr wurde die städtische
Badeordnung unter Punkt 6 ("Nicht zugelassen sind") um ein "d)
Juden" ergänzt.
1944 blieb das städtische Flussbad
(Heldsches Bad) wegen Luftschutzmaßnahmen geschlossen. Während des Krieges
zerstört, wurde es 1947 teilweise wieder hergestellt. Das letzte noch
bestehende Kabinenbad vor der Stadtmauer dagegen wurde aufgehoben. Im selben
Jahr bemerkte das Städtische Gartenbauamt, dass "das Donaubad in der
Nachkriegszeit für die Bevölkerung noch an Bedeutung gewonnen habe, da die
Möglichkeiten zur Erholung und Entspannung gering geworden sind".
Die Planungen rund um eine Neugestaltung der Freibadeanlage fanden fortan
seitens der Ulmer Presse eine lebhafte Beteiligung. Ende der 50er Jahre
schließlich entschieden sich die Stadtverwaltungen der Städte Ulm und Neu-Ulm
für ein gemeinsam betriebenes Donaufreibad mit dem Namen "Donaubad
Ulm/Neu-Ulm". Es befand sich unweit eben jener ersten Schlacht, die nun
schon seit vielen Jahrzehnten, um nicht zu sagen Jahrhunderten, den beliebtesten
Badeplatz der Ulmer (und Neu-Ulmer) darstellte. Der
Bau der Ringbrücke (heute Adenauerbrücke) machte jedoch eine Erweiterung
flussaufwärts über den Illerkanal hinaus nötig. Das Bad verfügte neben einem
Schwimmbecken an Land auch über einen direkten Zugang zur Donau und ersetzte
somit das vielgeliebte Heldsche Bad. Auch die Badekabinen an der Ziegellände
wurden abgerissen. Ein Verbot des wilden Badens in nicht ausgesteckten
Flussabschnitten ließ sich aber auch jetzt nicht gänzlich durchsetzen.
In der Badesaison 1971 und 1976
besuchten jeweils mehr als eine halbe Millionen Menschen das Donaubad trotz der
"Konkurrenz der Baggerseen". 1989 kam zum ersten Mal die Idee
zur Errichtung eines Freizeit- und Erlebnisbades unter Einbeziehung des
Geländes des bestehenden Donaubades auf. Aus dieser Idee resultierten
schließlich die Projekte "Atlantis" und "Wonnemar". Im Mai
2007 beschloss der Bauausschuss des Gemeinderats die Errichtung eines
"Donaustrandes" bei der Bucht in Verlängerung des Zollernrings.
Jedoch wurde das Vorhaben aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt und somit
müssen die Ulmer einstweilen auf einen veritablen Einstieg in die Donau verzichten. An manchen Hochsommertagen sind zwar in der
Nähe der Kiesbänke hinter der Illerspitze am Neu-Ulmer Ufer einige Badelustige
anzutreffen, ob zwischen dem Galgenberg und der Friedrichsau in absehbarer Zeit
und gar wieder in großem Stil gebadet wird, sei aber einmal dahin gestellt. Die
Donau in Ulm ist schließlich nicht als Badegewässer ausgewiesen. Sie wird daher
auch nicht regelmäßig auf ihre Wasserqualität hin untersucht. Immerhin konnte
der damalige Ulmer Baubürgermeister Alexander Wetzig Ende September 2012 der
Öffentlichkeit am Ziegelländeweg einen kleinen Kiesstrand samt Strandbox mit
Sitzbänken präsentieren. Größere Badeflöße, ins Wasser eingelassene Tröge oder
gar Badehäuschen auf der Donau sind aber schon seit Jahrzehnten aus dem
Stadtbild verschwunden. Bis auf weiteres bleiben also die sogenannten
"Neujahrsschwimmer" und alle "Nabadenden" neben den Ruderern,
Kanuten und Paddlern die einzigen richtigen "Wasserratzen" auf der
Donau in Ulm.
Eberhard A. Merk (Ulm)