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Wirtschaft

Briefkopf der Tabakfabrik Bürglen von 1928

© Stadtarchiv Ulm

Briefkopf der Tabakfabrik Bürglen von 1928

Die hier vorliegende Quellen- und Materialsammlung behandelt ausgewählte Epochen und Aspekte der Ulmer Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Die städtische Wirtschaft des Mittelalters und der Frühen Neuzeit war von Regelungen durch die Zünfte geprägt, die in Ulm seit dem späten 13. Jahrhundert nachweisbar sind. In diesen 17 bzw. später 21 Zünften waren Handwerker wie beispielsweise Weber, Bäcker, Metzger oder Schmiede ebenso vertreten wie wohlhabende Fern- und Großhandelskaufleute. Einige Zünfte setzten sich aus verschiedenen Berufsgruppen (sog. Rotten) zusammen. Aufgehoben wurden die Zünfte schließlich erst 1862. Bis mindestens in die 1830er Jahre herrschten auch hier weitgehend traditionelle Produktionsformen vor. Mechanisierung blieb lange die Ausnahme, arbeitsteilige Produktion auf wenige Manufakturen in der Tabakbranche beschränkt.

Verschiedene Ereignisse im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, u. a. die Mediatisierung, die Gründung des Deutschen Zollvereins 1834 und die Einführung der Gewerbefreiheit in den Staaten des Deutschen Bundes, begünstigten den nun anlaufenden Industrialisierungsprozess. Die regionalen Schwerpunkte der frühen Industrialisierung im Deutschen Bund lagen im Rheinland und im Königreich Sachsen. Württemberg war in einzelnen Industriezweigen stark entwickelt, z. B. in der Textilindustrie. Mit dem Wielandschen Messingwalzwerk entstand in den 1830er Jahren die erste Fabrik in Ulm. Doch gab es auch einschränkende Faktoren wie die Energieknappheit und die militärische Befestigung der Stadt.
Der seit den 1830er Jahren in Deutschland einsetzende Eisenbahnbau forcierte die Industrialisierung. Die Eisenbahn wiederum war günstig für den Transport von Kohle, die für den Betrieb von Dampfmaschinen nötig war. In den 1840er Jahren beschleunigte in Ulm auch der Bau der Bundesfestung die Industrialisierung.
Um die Jahrhundertmitte beschleunigte sich die Industrialisierung in Deutschland. Zu den wichtigsten Erzeugnissen der Ulmer Industrie gehörten Pflüge, Feuerwehrzubehör, Messingwaren und Zement. Eine wichtige Errungenschaft der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schließlich war in Ulm wie andernorts die moderne zentrale Gas-, Wasser-, und Elektrizitätsversorgung. In die Zeit der Hochindustrialisierung ab etwa 1880 fiel in Ulm auch der Bau größerer Industriebetriebe, insbesondere in neu erschlossenen Stadtvierteln. Mit der Industrialisierung ging eine Vergrößerung des Ulmer Stadtgebiets nach Osten, Norden und Westen sowie die Verfünffachung der Einwohnerzahl von 11.800 im Jahr 1810 auf 56.100 im Jahr 1910 einher.

Wirtschaftliche Krisen prägten die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Beispielhaft werden die Jahre des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise in Quellen und Materialien behandelt. Als lokales Beispiel eines Versuchs der Krisenbewältigung wird das Experiment einer lokalen Sonderwährung vorgestellt, des Ulmer Wära. Einen starken Umbruch, weniger in der Wirtschaftsform selbst als in der Instrumentalisierung der Wirtschaft für außenpolitische Zwecke, stellten die Jahre ab 1933 dar. Die Wirtschaft wurde unter der nationalsozialistischen Herrschaft von Beginn an, und dann nochmals forciert mit dem Vierjahresplan von 1936, in den Dienst der Kriegsvorbereitung gestellt. Autarkiepolitik und Aufrüstung, dazu die Enteignung bzw. Aneignung von Unternehmen, die entweder jüdisch geführt waren oder als jüdisch geführt markiert wurden („Arisierung“), prägten auch in Ulm das Wirtschaftsleben der Vorkriegsjahre. Profitierten Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland noch scheinbar von den Beutezügen der ersten Kriegsjahre, so verschlechterte sich mit der sich abzeichnenden Niederlage im Weltkrieg auch die wirtschaftliche Lage dramatisch.

Bearbeitende: Matthias Grotz (Stadtarchiv Ulm), Dr. Andreas Kopp (Oberstudienrat i. R.), Dr. Gudrun Litz (Stadtarchiv Ulm), Thomas Müller (Schubart-Gymnasium), Burckhard Pichon (Oberstudienrat i.R.), Anna Wagner (Kepler-Gymnasium), Dr. Gebhard Weig (Stadtarchiv Ulm, i.R.).

Die Downloads (pdf-Dateien) in der rechten Spalte sind in der Art eines Geschichtsbuchs angelegt. Verbindende Einführungstexte erleichtern Lehrkräften wie Schülerinnen und Schülern die Einordnung und geben einen Überblick über einzelne Teilaspekte des Themas. Zu jedem Einführungstext gehören mehrere Quellen und Materialien, die aus schriftlichen Quellen wie Aktenschriftstücken, Protokollauszügen oder Zeitungsartikeln sowie bildlichen Darstellungen wie z. B. Stichen und Fotos bestehen. Die Quellen und Materialien werden teils im Original, teils in bearbeiteter Form mit fachlicher Kommentierung vorgelegt. Falls erforderlich, wurden bei handschriftlichen Texten Transkriptionen sowie weitere erklärende Hinweise angefügt.

Literaturhinweise zur Industrialisierung (0,21 MB, pdf)